Wie ich schon gestern schrieb, haben wir auf die Premium Economy bei Condor umgebucht. Das sei jedem, der das irgendwie hin bekommt ans Herz gelegt. Im Normalfall kostet das halt mal schnell das doppelte vom einfachen Flugpreis. Es scheint sich aber zu lohnen am Abflugtag noch mal bei der Airline anzurufen und nachzufragen. Unsere 100,00 EUR Aufpreis haben sich sehr gelohnt!.
Zunächst ist Orlando höchstpünktlich am Hotel, wir fahren noch mal an Miramar vorbei in Richtung Vinales (Autobahn) und dann zum Flughafen. Der 6 Liter Reihensechszylinder grummelt mit 580 Umdrehungen pro Minute und hat bei der niedrigen Drehzahl bereits einen barbarischen Anzug. Davon macht Orlando aber seltenst Gebrauch. Normalerweise fährt er im 5. Gang im Standgas. Der Kerl fährt superentspannt, fast buddhistisch.
Es ist gerade Rushour. Wer sich da so ein südländisches Gehupe und Gebrülle und aufheulende Motoren vorstellt, irrt. Es ist alles konfrontationslos und sehr aufmerksam gegenüber andereren. Dabei ist es nicht wichtig, welche Vorschrift gerade missachtet wird (es gibt viele und die werden gern mißachtet), sondern was in einer bestimmten Situation sinnvoll scheint.
Das funktioniert natürlich neben der bemerkenswert aufgedreht freundlichen Art der Kubaner vor allem deshalb, weil der Strassenverkehr beträchtlich geringer ist. Wenn man in Havanna mal mehr als eine Ampelphase warten muss, zählt das als großer Stau.
Orlando bringt uns dunkel schnurrend zum Terminal 1. Da wir nicht annehmen, dass es weitere Terminals gibt machen wir uns keine Gedanken.
Wir sind auf dem Herflug hier angekommen, aber es sieht alles irgendwie anders aus. Nach einem 15 minütigen Irrlauf stellen wir fest: Es gibt in zwei Kilometern Entfernung ein Terminal 2. Eigentlich fliegen die meisten Interkontinentalflüge im T1 ab – Ausnahme Zürich und Frankfurt – die fliegen ab T2, wo sonst eigentlich nur Miami abfliegt. Es gibt dann auch noch ein T3 für Inlandsflüge.
Wir nehmen ein Taxi zu T2. Dort verschlägt es uns erst mal die Sprache. Eine unfassbare Menschenmenge steht als riesige Traube vor dem Eingang der Check-In-Halle. Es ist drei Stunden von Abflug …. da kommen wir nie mit!
Ich sondiere die Situation: mit der Premiumkarte können wir rechts an dem Klautsch vorbei zur Premiumreihe – da stehen derzeit nur 6 Leute.
Es gibt aber gerade ziemlichen Zoff: ein Ehepaar mit Nörgelfrau hat vergessen, online einzuchecken und nun gibt es für sie nur ein Downgrade in die Holzklasse. Die Frau hyperventiliert und fuchtelt mit ärztlichen Bescheinigungen, die es ihr verbieten, in der Holzklasse zu fliegen (wahrscheinlich eine Nachbarschweissallergie) …. sie ruft dann irgendwann kassandrisch nach hinten zu uns gewandt;: PREMIUM IST AUS – IHR KÖNNT GEHEN.
Machen wir natürlich nicht, sondern gehen auch an den Schalter und werden problemlos abgefertigt – wir hatten ja online eingechecked…… die Dame betrachtet schweigend den Vorgang und durchbohrt ihren Mann mit Blicken…
Die hinter uns haben das gleiche Problem – ebenfalls nicht confirmed – Platz weg. Der nette Mann versteht die Welt nicht: „Das hat doch der Reiseveranstalter schon alles durchgechecked“ – ich erkläre ihm den Unterschied zwischen Flug buchen, Flug confirmen und CheckInn ….er hat halt nur gebucht. Ist aber auch Mist.
Die Erklärung für den Schlamassel kommt später. Condor hat den falschen Flieger gesandt. Der hat weniger Businessplätze und weniger Premiumplätze als der eigentlich vorgesehene. Damit mussten gebuchte Passagiere aus der Business in die Premiumklasse. Ein Teil des Problems war sicherlich auch unsere glückliche Buchung vom gleichen Morgen, wo man noch vom richtigen Flieger aus ging. Glück gehabt.
Was aber nun unterscheidet denn diese Nepp-Klasse von der Holzklasse? Die Sitze sind NICHT breiter, aber der Sitzabstand ist beträchtlich (20cm?) größer. Dadurch lassen sich auch die Lehnen beträchtlich mehr neigen. Die Kopfstützen sind höhenverstellbar. Es gibt Alkohol umsonst und soviel man will und das Bordprogramm inkl. Kopfhörer kostenlos. Priority CheckInn hatten wir schon. Am Ende des Fluges landet das Gepäck als erstes auf dem Band. Da wir knappen Anschluss nach Dresden hatten, war das sehr gut für uns.
Ob ich für dieses Gesamtpaket das Doppelte vom normalen Flugpreis bezahlen würde, bezweifle ich. Es ist – glaube ich – auch ein Condorproblem. Die haben die hinteren 20 Reihen um 10 cm verkleinert um vorn 10 Reihen mit 20 cm mehr Beinfreiheit zu generieren.
Das ist schlicht eine Unverschämtheit. Auf diesen gedrängten Plätzen hinten Leute zusammenzupferchen, die dann sogar noch nach der Landung klatschen.
Auf anderen Fluglinien (z.B. LH/Emirates/AirNamibia) habe ich so etwas noch nie gesehen ….. da sitzt man hinten normal unbequem aber nicht gepfercht.
Dafür gab es SEHR gutes Bordessen …. das machen die wirklich gut.
Wir landen halbwegs ausgeruht in Frankfurt, Dank Premiumdingsda fällt unser Gepäck bald vom Band. Trotz 40 min Verspätung schaffen wir den Zug nach Dresden bequemst.
Im Zug nun Zeit für die Zusammenfassung und für Dinge, die ich mir für das nächste Mal merken will:
Land & Leute
Vorwiegend fröhliche und hilfsbereite Menschen. Fast keine Kriminalität. Auch wenig südländische Aufdringlichkeit. Es ist halt wie immer, wenn Du Dich den Menschen näherst, reagieren sie anders, als wenn Du sie nur beobachtest
Die Kubaner (besonders die Kubanerinnen) experimentieren wahrscheinlich mit diversen Botoxderivaten. Wir vermuten:
Po-Tox
Bau-Tox
Bu-Tox
Es gibt also sehr viele „dralle“ Erscheinungen. Vieles, aber bei weitem nicht alles ist schön
Die Landschaft
Wir waren ja nur im Westtteil (östlichster Aufenthalt: Trinidad) Dort haben uns die tollen Landschaften überall gefallen. Vieles sieht man erst, wenn man auch mal von der Hauptstraße runter fährt und sich auf Feldwegen (offRoad) vorwärts bewegt. Auch die kleinen Gebirge im Westen sind einen Ausflug wert. Nicht so begeistert haben uns die Playas (Strände) ….. das ist halt so wie Ostsee in karibisch ….. nicht so unseres
Die Städte
Geben meistens nicht mehr her, als einen Tag. Selbst Havanna ist nach drei Nächten durch, wenn man keine besondere Exkursionsidee hat. Auch die wirklich netten Orte wie Cienfuegos (unser Favorit) oder das touristische Trinidad (ging uns zum Schluss auf den Zünder) sollte man nicht mit zu viel Zeit bedenken, sondern lieber schauen, was man von dort aus unternehmen kann. Davon gibt es immer reichlich. In Städten wie Trinidad werden einem die Exkursionen sogar aufgedrängt ….. wir haben diese Angebote nicht genutzt und haben lieber in den Casas gefragt. Die Herbergseltern reden immer gut englisch, wenn nicht gar deutsch und haben immer gute Tipps zur Hand. Manches muss man aber auch selbst herausfinden (wie z.B. unser Katamaranausflug) Augen und Ohren auf … Leute fragen, keine Angst haben !
Die Fortbewegung und die Unterkünfte
Das sind sicher die Vorlieben sehr individuell verschieden. Ganz sicher ist Kuba kein Land für Gruppenreisen, weil die Casa Particulares, in denen wir wohnten, meistens höchstens 2…3 Zimmer hatten….. Veranstalter von Gruppenreisen können mit dieser Infrastruktur nichts anfangen und weichen dann wahrscheinlich auf „das beste Haus am Platz aus“, was immer staatlich und von meiste zweifelhaftem Niveau ist…..so jedenfalls unsere Beobachtung
Wir hatten unsere Reiseroute vorher geplant und die Casas vom Reisebüro Rieckmeyer buchen lassen….. das kostet 5,00 EUR pro Buchung, hat sich aber sichtlich gelohnt – die Quartiere waren alle PREMIUM.
Es gibt durchaus die andere Variante, sich von Casa zu Casa zu hangeln. Die Besitzer kennen meistens in der nächsten Stadt jemanden – sind gut vernetzt. Wir haben aber einige Leute getroffen, die mit dieser Methode zweifelhafte Ergebnisse erzielt hatten.
Der Nahverkehr in Kuba ist eine Katastrophe und keine zehn Pferde würden mich im Urlaub dazu bringen, dies zu nutzen. Ich fand unsere Variante, einen Allradwagen zu mieten und mit dem immer maximal neben der Straße zu fahren, wo es sich anbot, ziemlich grandios. Wenn man nicht auf Feldwegen fahren will, reicht ganz sicher auch ein normaler Kleinwagen, der aber auch nicht billiger ist.
Mietwagen UNBEDINGT (!!!) vorher buchen.
Ansonsten: Zeit nehmen, nicht hetzen ….. lieber wenige Stationen und dort richtig, als jeden Tag 200 km zu fahren.
Immer mal wieder haben wir auch welche getroffen, die sich einen Oldtimer gemietet haben. In der Hoffnung so mehr über Land und Leute zu erfahren. Das sollte nur derjenige machen, der perfekt spanisch spricht, weil die Fahrer in aller Regel kein englisch sprechen. Zudem sind diese Oldtimerrundtouren hoffnungslos überteuert und es sind nicht gerade die schönsten und dann auch noch meistens geschlossene Kisten ohne Klima …. das braucht in Kuba kein Mensch.
Tipp: in Havanna zum Parque Central gehen und nicht auf die einfachen Angebote eingehen – wenn man denen erklärt:
„ich will einen Fahrer, der englisch spricht“, melden sich erst mal alle. Wir haben dann mit jedem etwas Konversation gepflegt und dann merkt man ja schnell, ob das stimmt.
Wenn man nur zu zweit ist, kann es sinnvoll sein, einen Fahrer UND einen Guide zu buchen (wie wir es gestern mit Felipe und Orlando gemacht haben) ….. ich fand es aber immer besser, wenn der Fahrer selbst sprach …. kürzer Kommunikationsweg. Nach den Preisverhandlungen, die wir so versucht haben, würde ich vermuten, dass man ein sehr schönes Flossencabrio mit englischsprachigem Fahrer für 14 Tage pro Tag mit 100,00 CUC durchmieten kann….. wer nicht weiter weiß, ich habe ein paar Telefonnummern von Fahrern gesammelt.
Telefon/Internet: !!!!zu Hause bei der Telefongesellschaft fragen, was die anbieten können. In Kuba gibt es nur Public-WLan mit Rubbelllosen – der letzte Dreck! Meistens auch überlastet.
Internet über SIM-Card funktioniert hingegen extrem gut und flächendeckend. Geht aber nur über ein Tarifpaket der heimischen Telefonfirma. Bei Peter und mir = Telekom = 29,99 für 1GB Datenvolumen für eine Woche oder 15,99 für 300 mB für eine Woche….. ) Alternative: Cubacel mieten ist abartig teuer und nicht praktikabel
Cuba, noch mal?
JA! Wie im Vorwort geschrieben, hatten mir viele in Deutschland gesagt: ja, das war ganz schön und es war gut, dass wir das noch mal „im Originalzustand“ gesehen haben ….. aber noch mal müssen wir das nicht machen.
Unser Eindruck war anders – das Land ist einem quälend langsamen Prozess der Öffnung und Demokratisierung. In wenigen Jahren wird es so weit sein, dass Amerkanische Individualtouristen das Land überschwemmen. Soweit wir das gesehen haben, sind auch jetzt schon sehr viele (mit Gruppenreisen) aus Miami unterwegs. Für diese Zukunft werden gerade viele Hotels im Nirgendwo gebaut und ich vermute, dass die Amis dann so ähnlich wie (viele) Deutsche nach Palma de Mallorca fliegen, direkt nach El Arenal durchfahren und dann nach einer Woche zurück auf den Flughafen kommen.
Ich könnte mir schon vorstellen, dass diese Separierung eine Amerikanisierung des Alltags verhindert. Dass ein Kubaner, der sein 30 TEUR Oldtimer geradezu abgöttisch liebt und pflegt dies in 10 Jahren deshalb nicht mehr machen wird, kann ich mir nicht vorstellen.
Ich möchte gern noch mal nach Kuba und es würde mir nichts ausmachen, wenn es den Leuten in den teilweise doch recht „zerbombten“ Städten besser gehen würde und die Städte instand gesetzt werden können. Auf dem Land, wo das Privateigentum herrscht findet man ja bereits heute vorwiegend intakte Häuser.
Ich hätte auch nichts dagegen, wenn diese schaurig leeren Bohnen&Reis – Bezugsläden verschwunden würden – solche Art Nostalgie brauche ich nicht für meinen Urlaub.
Trotzdem sei eines angemerkt: Kuba ist sicherlich ein Lannd der „Dritten Welt“. Inzwischen waren wir aber bereits in einigen solchen Ländern….. und da fällt mit Kuba insgesamt (in meiner Touristenwahrnehmung) als vergleichsweise gut funktionierendes Sozialwesen auf.
Kuba ist laut und freundlich. Manchmal nervt es, wenn man einfach nur sitzen und gucken will und dann die nächste Tourimusikbande hereinkommt, 5 Songs spielt und dann p.P. Irgendwas zwischen 2….5 CUC erwartet. Man kann da leider nicht ausweichen.
Oft genug aber sind die Bands brillant und die Sache hat Feuer – dann kommen selbst Frauen aus Bottrop und Coswig in Ekstase und schwingen – so gut es geht – ihr Hüften. Peter und ich haben uns dieser gemeinschaftlichen Ekstase immer wohlwollend verweigert.
ANSONSTEN:
Fahrt hin! Schaut es Euch an!
Peter&Jörg
Im April 2019
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Memos für Herrn Rieckmeyer:
2 Nächte in Havanna reichen! – wieder im Hotel Sevilla ….geht nicht besser!
Vinales gern etwas länger
Möchte gern die Westspitze von Kuba besuchen
Kein Playa Larga mehr! ….. wenn es die Routenplanung nicht anders hergibt, aber wieder zu Kiki
Zwischen Vinales und Playa Larga muss es doch an der Südküste noch etwas zu sehen geben ….. oder wohnen dort gar keine Menschen?
Etappen MAXIMAL 180 km
Möglichst mindestens überall zwei Übernachtungen
Gern auch mal Orte, die nicht auf der Touristikhauptroute liegen
Gern ein Allradfahrzeug, in dem ich die Ohren nicht zwischen den Knien habe ….. gibt es so etwas auf Kuba?….ansonsten war der Suzuki aber TOP.
Cienfuegos war schön – dort könnte man beim nächsten Mal in der Marina bei DreamYachtCharter (Omar) eine großen (Kabinen-) KAT ausleihen, der auch segelt. Den Motorsegelkatamaran in Trinidad brauchen wir nicht ein zweites mal, auch wenn das Gesamtpaket sehr schön war. Das Hotel in Cienfuegos war der Hammer!
Trinidad – Wohnen im Vorort (Casilda) ist zu empfehlen – es führt zwar dazu, dass man zum Abendessen für Hin- und Rückfahrt rund 10,00 CUC einplanen muss …. aber in Trinidad will ich nicht wohnen.
Santa Clara braucht kein Mensch
Der gesamte Osten mit den Gebirgen würde mich noch sehr interessieren
Trinidad hat als Stadt genervt